Kindheitstage im Glück

Akelsbarg.
Ein winzig kleines Dorf in Ostfriesland.
Wiesen, Weiden, Äcker, der Torfkanal, das große Moor.
Unendliche Weite bis zum Horizont, unendlicher Himmel.
An diesem besonderen Ort lebte mein Opa. Sehr alt, bärtig und grauhaarig.
Und da mein Opa an diesem besonderen Ort lebte – am Ende der Welt verbunden mit dem Anfang des Himmels – da wusste mein Kinderherz, mein Opa ist der liebe Gott und die Schafe, ja das sind seine Kinder. Ich schlief in einer winzigen Holzkammer in einer Koje gefüllt mit duftendem Stroh und bedeckt mit einer dicken Decke aus Gänsedaunen und -federn. Aus der guten Stube hörte ich die Standuhr schlagen und von der Rückseite die heimeligen Geräusche aus dem Kuhstall und ich fühlte mich so sehr geborgen und zufrieden. Gewaschen habe ich mich morgens im Kuhstall, eine Emailleschüssel gefüllt mit heißem Wasser aus dem Kessel auf einem Schemel, daneben ein Teller mit Kernseife. Nach der frühen morgentlichen Arbeit – Kühe melken, die Stallungen ausmisten, alle Tiere füttern – gab es gegen 10 Uhr ein zweites kräftiges Frühstück. Eine große Pfanne mit Bratkartoffeln und Speck stand auf dem Tisch, alle setzten sich drum herum und jeder piekste mit seiner Gabel in die Pfanne. In dem Steinofen in der Küchenwand wurden Schwarzbrot und Weißbrot gebacken. Auf dem Hof gab es ein kleines rotes Backsteinhaus, in dem ein sehr großer Trog stand – mehr paßte gar nicht darein – und in dem wurde das Schweinefutter gekocht, Pellkartoffeln und Rüben. Wenn das kochte und der Rauch aus dem Schornstein quoll, lief mir von dem Duft das Wasser im Mund zusammen. Ja, und dann gab es noch einen Holzverschlag auf dem Hof mit dem Plumpsklo. Ich liebte es, auf dem warmen Holz zu sitzen, während um mich herum die Fliegen brummselten. Auch sie waren meine Freunde, so wie alle Tiere auf dem Hof, in den Stallungen und in der Natur. Abends kam die Gänseschar laut schnatternd von ihrem Ausflug zum Torfkanal zurück. Dann durfte ich nur mit einem langen Stock in der Hand über den Hof laufen, damit sie mich nicht zwickten. Für sie gehörte ich nicht dazu, da ich ja nicht immer dort war. Außer, wenn es Essen gab oder schlafen ging, war ich immer nur draußen in der Natur, sammelte Pflanzen und Tiere wie Frösche und wunderschöne Raupen, auch Regenwürmer und andere Insekten. Oder ich schipperte mit einer Zinkwanne in dem schmalen Graben vorm Hof. Manchmal lief ich zum Torfkanal und badete in dem flachen braunen Moorwasser, während für mich unsichtbar die Aale um meine Beine glitten. Es gab immer und überall etwas zu entdecken und ich sog alles begierig auf – alle Geräusche und Gerüche der Tiere und der Natur faszinierten und beglückten mich, machten mich lebendig und frei und ich war mit allem verbunden..in Geborgenheit. In Dankbarkeit Ingrid

Ingrid